Meine Demo – Eine ganze Familie kämpft!
19. Juni 2010 | Von Ronny | Kategorie: Berichte, Demo | Letzte Änderung: 19. Juni 2010 um 13:00 Uhrvon Bente Heldmann
Um 13 Uhr parken wir unser Auto auf dem Wilhelmplatz. Hier habe ich mal gewohnt. Lange, lange her. Mit unseren Kindern (1 und 3 Jahre alt) gehen wir durch den Schrevenpark zum Audimax. Wie oft habe ich hier als Studentin demonstriert, ich erinnere mich noch genau an die Takte unserer Samba-Gruppe und irgendwas war da mal mit einer Menschenkette…
Am Audimax wartet unsere Familie auf uns, mein Bruder studiert in Kiel, meine Schwester studiert in Flensburg und ist mit ihrer einjährigen Tochter gekommen. Meine Mutter ist natürlich auch dabei. Seit drei Wochen schreibt sie unermüdlich Kommentare unter Online-Artikel und Emails an Medien und Politiker, um für Lübeck und eine gute Bildungspolitik in diesem Land zu kämpfen. Eine ganze Familie kämpft!
Unter den unzähligen Flensburgen und Kielern (ca. 3.4000 waren es, wie wir später hören! Wahnsinn!) fallen wir mit den T-Shirts ein wenig auf, die Mädchen mit ihren „Lübeck kämpft für seine Uni“-Kopftüchern, die meine Schwester beschrieben hat. Ein Team der Kieler Nachrichten fragt uns, warum wir hier sind, mein Mann schildert die Situation in und für Lübeck. Und unsere Situation. Auch für uns geht es um seinen Job und um unser Zuhause.
Dann geht es endlich los! Um uns herum gelbe Postkarten an Herrn de Jager, die an lilafarbenen Luftballons aus Kiel hängen. Flensburger mit Schwimmflügeln. Uni versenken – da spielen wir nicht mit! „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut!“. Ein friedlicher Zug, bunt und solidarisch, total schön. Und welch Segen für uns, dass das Wetter so toll mitspielt… Am Knooper Weg eine kurze Sitzdemo. Mein Sohn schläft in all dem Trubel in der Sportkarre seiner kleinen Schwester ein, die Kleine hingegen möchte am liebsten den ganzen Weg alleine laufen, und ihre Cousine „liest“ eifrig die Flyer, die die Grünen verteilt haben – der Button an ihrem Kinderwagen verweist darauf, dass auch sie „100% wert ist“ (das Sparpaket sieht auch eine Kürzung der Zuschüsse für dänische Schulen vor). Ein Kamerateam bittet um „ein Wort“ zu Peter Harry Carstensen… ich zögere zu lange, aber um mich herum fällt -natürlich!- gleich mehrmals das Wort RÃœCKTRITT.
So toll dieser Demonstrationszug auch ist, allmählich wünsche ich mir doch „meine“ Lübecker herbei…! Nach einem kurzen Stopp vor der Klinik treffen die beiden Gruppen dann endlich aufeinander. 10.000 Lübecker kommen um die Ecke, unendlich viele davon in Gelb gekleidet (waren es wirklich nur 5.000 T-Shirts?), gelbe Plakate, gelbe Luftballons, ein unbeschreiblicher Moment! Mir kommen ehrlich gesagt fast die Tränen bei so viel Zusammenhalt. Eine tolle Stadt!  Dieser Augenblick war für mich die schönste „Aussage“ des ganzen Nachmittages. Einfach OHNE WORTE.
Die anschließende Zwischenkundgebung geht dann ehrlich gesagt etwas an mir vorbei, während wir mit den Kindern am Ostseekai laufen und spielen. Meine kleine Tochter allerdings fällt in jedes Klatschen eifrig mit ein. Sie lacht und freut sich. Ich bin erleichert, dass die Kinder alles so toll mitmachen! Das beste Ohropax (Silikon) kennen wir nun auch, nachdem wir unterschiedliche ausprobiert haben, Kiel, wir kommen wieder!!!
Auf dem gemeinsamen Weg zum Landtag ist einfach alles, alles GELB und diese unglaubliche Menge an Menschen gar nicht mehr wahrzunehmen. Jetzt würde ich das Ganze sehr gerne mal aus der Vogelperspektive sehen. Vor dem Landtag picknicken wir mit den Kindern, wir haben Freunde getroffen, grad aus Lübeck kommen natürlich viele Familien.  „Hinter jedem Studenten, hinter jedem Mitarbeiter steckt eine Geschichte“, hatte die Dame von den Kieler Nachrichten am Audimax zu uns gesagt. Interessiert sich aber die Regierung für all diese Geschichten?
Unzählige Luftballons in Lila und Gelb steigen in den Himmel auf. Wunderschön. Was genau vor dem Landtag passiert, bekommen wir im wahrsten Sinne „nur am Rande mit“ und können auch keinen Politiker von unserem Platz aus sehen. Dass Peter-Harry Carstensen gar nicht da ist, erfahren wir erst, als wir wieder zuhause sind. Die Reden sind ganz gut zu hören, die des Kieler Studentenvertreters beeindruckt mich besonders.
Immer wieder müssen einzelne Gruppen aus Lübeck zu ihren Bussen gehen. Wir werden nun auch ein wenig müde und machen uns auf den Rückweg. Richtung Willhelmplatz ist die Stadt ganz leer. Um 20 Uhr steigen wir in unser Auto ein, meine Tochter ist schon längst auf meinem Arm eingeschlafen.
An vielen, vielen Bussen aus Lübeck fahren wir auf dem Nachhauseweg vorbei. Alle in Gelb getaucht „Sind die Zettel jetzt überall?“, fragt mein Sohn. “Das ist Papas Arbeit!“. Ein unglaublicher Tag! Ich bin sehr froh, dabei gewesen zu sein.
Danke Kiel, danke Flensburg, danke Lübeck!!!
Wir kämpfen weiter – mit der ganzen Familie.
Super Familie!
Ein toller Bericht, der den Horizont für all die betroffenen Schicksale nochmal mehr erweitert.
Solche Berichte helfen einem, gegen diese bornierten Menschen weiter zu machen.
Danke an die Heldemanns!
Das hast du ganz toll geschrieben Bente, bin so gerührt. Und ich wünsche euch so sehr dass die Proteste wirken.
Wir kämpfen weiter mit euch!!!
Ein schöner, wahrer Bericht über einen wirklich beeindruckenden Tag! Ich bin stolz auf meine Familie die sich so solidarisch einsetzt. Das war wirklich ein Gänsehauterlebnis und ich als Mutter dieser Familie kämpfe aus Sieverstedt weiter mit.
Ich trage privat und bei der Arbeit den Button “Ich kämpfe für die Uni Lübeck”, habe den Flyer am Auto, habe die Unterschriftenliste jetzt immer bei mir und freue mich über jeden, der mich daraufhin anspricht und Fragen stellt.
Mein Wunsch ist, dass diese “Welle” sich zu einer großen “Sturmflut” entwickelt und über unsere Landesgrenze hinausschwappt.
Wunderbar- so eine engagierte Familiensolidarität! Jetzt kann man Euch nur wünschen, dass der beeindruckende Einsatz Früchte trägt. Dafür drücke ich Euch jedenfalls die Daumen!