Was macht eigentlich die zweite Fraunhofer Einrichtung in Lübeck?

24. Juni 2010 | Von Ronny | Kategorie: Stellungnahmen | Letzte Änderung: 24. Juni 2010 um 17:46 Uhr

von Prof. Dr. Bernd Fischer

Diese oder ähnliche Fragen sind in letzter Zeit häufiger gestellt worden. Hier nun ein Versuch, die aktuelle Lage sachlich darzustellen.

Zunächst einmal herzliche Glückwünsche an Charli Kurse und seine Crew. Dass die Bund-Länder-Kommisssion der Einrichtung des Fraunhofer Instituts zugestimmt hat, ist eine große Auszeichung für die geleistete Arbeit und eine wunderbare Nachricht für den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Lübeck – Respekt!

Anders die Fraunhofer Projektgruppe „Bildregistrierung“. Sie steht hier erst am Beginn. Sie wurde am 01.04.2010 in Lübeck eingerichtet. Die Einrichtung fand also bereits vor Bekanntwerden der beabsichtigten Sparmaßnahmen statt. Es soll an dieser Stelle aber erwähnt werden, dass sich Herr de Jager als Staatssekretär für Wissenschaft und später als Minister sehr um die Einrichtung der Projektgruppe bemüht hat. Wie bei allen Fraunhofer Einrichtungen wird die Grundausstattung in den ersten fünf Jahren vom aufnehmenden Land, hier Schleswig Holstein, getragen. Dieses Geld ist uns vertraglich zugesichert.

So weit, so gut. Nach ca. vier Jahren findet eine wissenschaftliche und wirtschaftliche Evaluierung der Projektgruppe statt (genau diese hat das EMB letztes Jahr erfolgreich gestaltet). Sollte diese positiv verlaufen, übernimmt nach Ablauf der fünf Jahre die Fraunhofer Gesellschaft im wesentlichen die Finanzierung der Projektgruppe – ab dann ist es ein gutes Geschäft fürs Land!

Zum Schluss einige persönliche Anmerkungen.

Bis vor kurzem habe ich mir keinerlei Gedanken um ein mögliches Scheitern bei der Evaluierung gemacht. Es gab mindestens vier Gründe die mich haben gut schlafen lassen:

  • Lübeck hat eine ausgezeichnete Medizin mit herausragenden Forschern. Die Projektgruppe verfügt hier über mehrere vielversprechende Kooperationen.
  • Lübeck hat neben der Medizin hochinnovative Studiengänge, die ein Garant für hervorragenden, passgenauen Nachwuchs sind. Die Projektgruppe besteht schon jetzt im Wesentlichen aus Lübecker Eigengewächsen.
  • Lübeck hat in seinem Umfeld eine Reihe von Medizintechnikfirmen, die mit ihren Produkten weltweit erfolgreich sind. Die Projektgruppe pflegt bereits mehrere erfolgreiche Kooperationen.
  • Das derzeitige Core-Team der Projektgruppe sucht seinesgleichen weltweit. Die Möglichkeiten mit dieser Besetzung erscheinen unbegrenzt. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die über Jahre gewachsenen Strukturen am Hochschulstandort Lübeck, das gegenseitige hochschulweite Vertrauen, die angenehme zielgerichtet Arbeitsatmosphäre und die überall spürbare Aufbruchstimmung einmalig sind.

Sollte einer dieser Eckpfeiler wegbrechen, sehe ich eine positive Evaluierung der Projektgruppe ernsthaft gefährdet – das wäre ein schlechtes Geschäft fürs Land!

Wie viele, viele andere auch kann ich die Ratio der in Aussicht genommenen Einstellung des Medizinstudiengangs in Lübeck nicht verstehen und unterstütze die Aktion”Lübeck kämpft” nachdrücklich. Ich kann auch nicht verstehen, dass der Minister uns erst nachdrücklich unterstützt um uns dann kurze Zeit später den Boden unter den Füßen wegziehen zu wollen.

Bernd Fischer
Leiter der Projektgruppe Fraunhofer Bildregistrierung
Direktor des Instituts für Mathematische Methoden der Bildverarbeitung

Ein Kommentar
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  1. Hallo zusammen,

    erstmal vielen Dank an Ronny für den Artikel und an Herrn Prof. Dr. Bernd Fischer für seine Ausführungen.

    Wenn ich das richtig verstehe, dann ist die “wissenschaftliche und wirtschaftliche Evaluierung der Projektgruppe” gefährdet, sofern der Medizinstudiengang wegbricht und die absehbaren Folgen eintreten.

    Heißt also, dass das Land in den vergangenen 4 Jahren eine Fraunhofer Einrichtung aus Landesmitteln gefördert hat, dies auch noch ein weiteres Jahr tun wird und nun durch die Entscheidung den Medizinstudiengang abzuwickeln, das UKSH zu privatisieren und die Existenz der ansässigen Unternehmen, welche von der Universität abhängig sind bzw. mit ihr in Kooperationen zusammen arbeiten, zu gefährden, den Verbleib – nämlich die Finanzierung der Fraunhofer Einrichtung durch die Fraunhofer Gesellschaft – mehr als in Frage stellt?!?

    Und dazu bemüht sich Herr de Jager um die Ansiedlung eines Fraunhofer Instituts in Lübeck – wie sieht es denn hier mit der Übernahme der Finanzierung in den ersten 5 Jahren aus? Auch wieder aus Landesmitteln? Damit nach 5 Jahren gesagt wird, die weitere Finanzierung durch die Fraunhoher Gesellschaft ist aufgrund des Fehlens einer “wissenschaftlichen und medizinischen Infrastruktur” nicht vorgesehen.

    Sollte dem so sein dann ein lautes “BRAVO” in Richtung Kiel – da hat Herr de Jager ja mal richtig weit in die Zukunft geschaut!

    Sollte ich mich irren würde ich mich über eine Klarstellung sehr freuen.

    Vielen Dank und viele Grüße
    Björn