Stellungnahme des Leibniz-Präsidenten

9. Juli 2010 | Von Christoph Zabel | Kategorie: Pressespiegel, Stellungnahmen | Letzte Änderung: 9. Juli 2010 um 12:29 Uhr

Stellungnahme zum angekündigten Wechsel des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften in die Helmholtz-Gemeinschaft
Christoph Herbort-von Loeper M.A., Geschäftsstelle, Büro Berlin
Leibniz-Gemeinschaft

08.07.2010 22:03
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Zum heute vom Bundesforschungsministerin Schavan, Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Carstensen, Wissenschaftsminister de Jager sowie FDP-Fraktionschef Kubicki angekündigten Wechsel des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) nimmt der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, Prof. Dr. Karl Ulrich Mayer, wie folgt Stellung:

Die Leibniz-Gemeinschaft bedauert es außerordentlich, dass eines ihrer Kronjuwelen, das Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel (IFM-GEOMAR) in Überlegungen der Bundesregierung einbezogen wurde, das Land Schleswig-Holstein kurzfristig finanziell zu entlasten. Das IFM-GEOMAR ist zentraler Bestandteil eines Leibniz-Verbundes zur „blauen“, also nicht-arktischen bzw. antarktischen Meeresforschung, zu dem drei weitere Leibniz-Institute in Norddeutschland gehören, das Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Rostock-Warnemünde, das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie in Bremerhaven sowie die Abteilung Meeresforschung des Forschungsinstituts Senckenberg in Wilhelmshaven. Das IFM-GEOMAR ist zudem in ein für die Leibniz-Gemeinschaft typisches lokales und regionales Netzwerk der Hochschulforschung auf diesem Gebiet eingebunden. Mit der Leibniz-Gemeinschaft hat es zu diesen Plänen keine Abstimmung gegeben.

Die Leibniz-Gemeinschaft repräsentiert 86 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, die sich durch eine Verknüpfung von Grundlagenforschung, Anwendung und wissenschaftlichen Infrastrukturen auszeichnen. Das Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften ist ein ganz herausragendes Beispiel für dieses Leibniz-spezifische Forschungsmodell und ist daher für die Leibniz-Gemeinschaft unverzichtbar. Wir erwarten, dass in die weiteren Überlegungen Alternativen zur Herauslösung des IFM-GEOMAR aus der Leibniz-Gemeinschaft ausgelotet und gefunden werden. Die Verschiebung von Finanzströmen von einem öffentlichen Haushalt in den anderen kann keine überzeugende Lösung von Haushaltsproblemen sein.

Wir bedauern, dass die exzellente Forschung am IFM-GEOMAR zum Objekt finanzpolitisch motivierter Verschiebungen zwischen Forschungsorganisationen geworden ist, bevor eine grundlegende strukturelle Debatte über eine Weiterentwicklung der außeruniversitären Forschung in Deutschland stattgefunden hat. Wir stimmen mit dem schleswig-holsteinischen Wissenschaftsminister de Jager und Bundesforschungsministerin Schavan überein, dass eine solche Strukturdebatte in naher Zukunft unerlässlich ist, damit sich auch strukturschwache Länder weiterhin Exzellenzforschung, wie sie am IFM-GEOMAR betrieben wird, leisten können. Primat wissenschaftspolitischer Entscheidungen muss das Wohl der Forschung sein, nicht ihr Finanzierungsschlüssel. Daher sollten Bund und Länder prüfen, ob nicht ein einheitlicher Finanzierungsschlüssel der gesamten außeruniversitären Forschung von 70 (Bund) zu 30 (Länder) ein probates Mittel ist, um die außeruniversitäre Forschung von finanzpolitischen Erwägungen unabhängig zu machen.

Die Leibniz-Gemeinschaft hat es seit jeher als die Grundprämisse ihrer Arbeit verstanden, jedem Institut die bestmögliche Organisationsform für seine Forschung zukommen zu lassen und von daher unter anderem auch den Wechsel des Forschungszentrums Dresden-Rossendorf in die Helmholtz-Gemeinschaft unterstützt. Wir erkennen die finanziellen Zwänge des Landes Schleswig-Holstein an und werden daher den angekündigten Prüfungsprozess hinsichtlich des IFM-GEOMAR konstruktiv begleiten. Wir gehen davon aus, dass dieser Prozess sich an den Bedürfnissen der Wissenschaft orientiert und ergebnisoffen verläuft.

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Die Leibniz-Gemeinschaft
Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 86 Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung sowie vier assoziierte Mitglieder. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesamtgesellschaftlich relevante Fragestellungen strategisch und themenorientiert. Dabei bedienen sie sich verschiedener Forschungstypen wie Grundlagen-, Groß- und anwendungsorientierter Forschung. Sie legen neben der Forschung großen Wert auf wissenschaftliche Dienstleistungen sowie Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Sie pflegen intensive Kooperationen mit Hochschulen, Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Das externe Begutachtungsverfahren der Leibniz-Gemeinschaft setzt Maßstäbe. Jedes Leibniz-Institut hat eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 16.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 7.100 Wissenschaftler, davon wiederum 2.800 Nachwuchswissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,3 Mrd. Euro, die Drittmittel betragen etwa 280 Mio. Euro pro Jahr.

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Ein Kommentar
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  1. Verständlich, keiner sollte einfach übergangen werden – wollen tut das auch niemand.
    Ich bin gespannt, wie sich das weiter entwickelt.