You are Fouquet! – Die Idee Lübeck tot zu sparen kam aus der Uni Kiel

7. Juli 2010 | Von Lukas Ruge | Kategorie: Meinung | Letzte Änderung: 7. Juli 2010 um 17:17 Uhr

Als der AStA der Universität zu Lübeck sich gestern nach der Pressekonferenz um eine differenzierte Stellungnahme bemühte, passierte etwas mit Seltenheitswert: Das Präsidium der Universität Kiel äußerte sich zusammen mit seinem Dekanat Medizin. “CAU lehnt ‘Geheimpapier’ der Universität Lübeck ab” hieß es selbstbewusst und in völliger Ignoranz der Tatsache, dass die Studierenden der CAU sich noch nicht geäußert hatten. Kein Wunder, dass die CAU es ablehnt, sie soll Studienplätze streichen und wurde nicht einmal gefragt.

Das Statement ließt sich dann doch aber eher wie eine Kriegserklärung:

Erst heute wurde bekannt, dass die Medizinische Fakultät in Lübeck und die Universität zu Lübeck diese Phase der Solidarität nutzen, um ein Konzept vorzubereiten, das eine Reduktion der erfolgreicheren und reformfreudigeren Schwesterfakultät in Kiel um 25% fordert und das jetzt nach erfolgloser Bewerbung im zuständigen Ministerium des Landes über öffentlichen Druck in Pressekonferenzen der Universität zu Lübeck durchgesetzt werden soll.

Erst heute wurde dann bekannt, dass die Universität, die diese Zeilen in die Welt setzt, die hier von Solidarität spricht, und der Autor dieser Zeilen, der uns vorwirft, 25% der Studienplätze in der Medizin in Kiel (übrigens ca. 0,3% aller Studienplätze in Kiel) reduzieren zu wollen, der Autor des Sparpakets der Landesregierung ist.

Welche Solidarität soll gemeint sein? Die mit der Landesregierung, wegen der das Präsidium der Universität zu Kiel sich bis gestern nicht ein einziges Mal zu den Vorgängen geäußert hat? Die Solidarität, mit der ein Beschluss der Landesrektorenkonferenz gegen die Schließung der Uni Lübeck, angeregt von der Präsidentin der Musikhochschule Frau Professor Inge-Susann Römhild, so lange hinausgezögert wurde, bis er gestern von Professor Fouquet einfach abgelehnt wurde? Die Solidarität, mit welcher der Plan des Präsidiums der Uni Lübeck mit Halbwahrheiten und Beleidigungen völlig jenseits der Fakten zerrissen wird? Oder vielleicht die Solidarität, mit welcher das Präsidium der Uni Kiel im ihm hörigen Wissenschaftsministerium einen Plan umsetzen ließ, der 100% der Medizinstudienplätze in Lübeck streichen würde (übrigens 68% aller Studienplätze in Lübeck)? Es gab nur eine Solidarität, und die kam von den großartigen Studenten der CAU, die auch gestern in ihrem besonnenen Statement klar gemacht haben, wo sie stehen.

Die   Studierendenschaft   der   Christian-­‐Albrechts-­‐Universität   ist   schockiert   von   den   vorgestellten Sparplänen  der  Universität  zu  Lübeck  und  ebenso  von  den  Reaktionen aus  der  Hochschulleitung  der Christian-­‐Albrechts-­‐Universität.

[...]

Der   Allgemeine   Studierendenausschuss   der   CAU   kann   die   Argumentation   der   Lübecker   allerdings nachvollziehen:    “Nachdem  wochenlang  aus  der  Kieler Hochschulleitung  keine  Unterstützung  kam,  ist doch  klar  dass  die  Lübecker  keine  Rücksicht  auf  andere  Standorte  mehr  nehmen  wollen”,  bewertet  R. Geßner  die  Situation.  In  den  Augen  des  Kieler  AStA  war  es  ein  fataler  Fehler,  dass  die  CAU  nicht  von Anfang  klar  machte,  dass  Kürzungen  im  Hochschulsektor  insgesamt  abzulehnen  sind.  “Damit  haben wir  uns  zur  Zielscheibe  gemacht”,  ergänzt  Geßner  weiter.

Präsident   Prof.   Dr.   Fouquet   ließ   als   Reaktion   auf   das   Sparkonzept   der   Uni   Lübeck   enttäuscht verlauten  “Anstelle  einer  gemeinsamen  Mannschaft  sollen  jetzt  zwei  halbe  Teams  gebildet  werden, die  nicht  konkurrenzfähig  sind.”  Die  Ironie  dieser  Aussage  wird  ihm  offenbar  nicht  bewusst,  nachdem sich   das   Kieler   Uni-­‐Präsidium   wochenlang   indirekt   auf   die   Seite   der   brandschatzenden Landesregierung   gestellt   hatte.   Auf   die   Spitze   wird   dies   nur   noch   von   den   Aussagen   des   Kieler Prodekans   der   Medizinischen   Fakultät   getrieben,   so   bezeichnet   er   die   Lübecker   Pläne   als   “nicht akademisches   Verhalten”   und   den   Versuch   “alle   gemeinsamen   Diskussionsgremien   [...]   zu überspringen.”  Dazu  Tobias  Langguth,  AStA  Vorstand  an  der  CAU:  “Diese  Aussage  ist  so  dreist,  dass
einem   fast   die   Spucke   wegbleibt.   Wer   war   denn   nicht   bereit   der   Landesregierung   den   Spiegel   der Fakten  vorzuhalten,  dass  wir  mehr  und  nicht  weniger  Studienplätze  brauchen?  Wer  hat  die  Lübecker allein   im   Regen   stehen   lassen   und   wundert   sich   nun,   dass   dies   ein   Bumerang   geworden   ist?   Das Präsidium   der   Uni   Kiel!   Das   Verhalten   der   Oberen   im   Uni-­‐Präsidium   der   CAU,   sowie   in   der medizinischen  Fakultät  ist  beschämend  und  ebenso  wie  das  der  Uni  Lübeck  ein  strategischer  Fehler. Die  negativen  Folgen  für  Kiel  hat  sich  die  CAU  selbst  zu  zuschreiben.“

Schlussendlich noch aus dem LN-Artikel von heute:

Die Kieler Uni hat die Uni Lübeck gestern scharf attackiert und ihr vorgeworfen, mit ihrem alternativen Sparkonzept „Piraterie“ zu betreiben, da laut Lübecker Plan auch in der Landeshauptstadt gespart werden soll. Kiels Uni-Präsident Gerhard Fouquet spricht von einem „unberechtigten Eingriff einer Uni in die Strukturen einer anderen Universität“

Dabei stammt der Vorschlag, den Medizin-Studiengang in Lübeck zu schließen, aus der Kieler Uni. Das belegen vertrauliche Papiere, die den LN vorliegen. Der Plan der Landesregierung für das Aus der Hochschulmedizin in Lübeck ist demnach nahezu deckungsgleich mit einem Konzept, das der Ex-Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni Kiel 2009 ausgearbeitet hat.

Ex-Dekan Prof. Michael Illert stellte sein Konzept im Januar vergangenen Jahres bei einer geheimen „Strategiesitzung“ in Kiel Jost de Jager (CDU) vor. Damals war der heutige Minister de Jager noch Wissenschaftsstaatssekretär. An dem Treffen nahmen auch der damalige Wissenschaftsminister Werner Marnette und der Chefsanierer des Uniklinikums Schleswig-Holstein, Carl Hermann Schleifer, teil. Illert empfahl „die Schließung des Campus Lübeck als sicheres Modell“, die Medizinerausbildung sollte in Kiel konzentriert werden.

Gerüchte über diese Verhältnisse zwischen Ministerien und CAU gibt es schon lange, sie sind so bekannt, dass sich Christian von Boetticher bei der Diskussion mit Studenten vor dem Rathaus mit der Argumentation verteidigte, er sei keiner von denen, er sei aus Pinneberg und mit der CAU verbinde ihn nichts (was nicht stimmt, aber das konnten wir auf dem Marktplatz schlecht prüfen…). Auch in den Kommentaren auf dieser Seite tauchen diese Beschuldigungen immer wieder auf. Sie sind mit dem heutigen Tag mehr geworden als haltlose Beschuldigungen und das Präsidium und das Dekanat der CAU müssen nun, da sie selbst ihr Schweigen gebrochen haben, sich auch dazu äußern.

21 Kommentare
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  1. Fehlt das Statement der CAU-Studenten? Oder ist das LN-Zitat da an der richtigen Stelle. Liest sich komisch.

  2. @p0g0: recht hast du, hab da mal etwas nachgearbeitet.

  3. Die Kritik vom AStA ist berechtigt, sehr sogar, aber jetzt heißt es wirklich Kräfte bündeln, um diese Kriegserklärung aus Kiel würdig zu beantworten.

    Das Verhalten der CAU ist in der Geschichte einmalig und das soll es auch bleiben.
    Es muss als Beispiel für die Abgründe eines verzweifelt nach Exzellenz suchenden Standortes in die Medien:
    Wie weit darf Standort-Konkurrenz gehen?
    Die armen Kieler muss jemand aus den kriminellen Seilschaften, der argentinische anmutenden Verirrung, dem traurigen Abdriften ins Mafiöse RETTEN!

    Alle Beweise sammeln, Aussagen ordnen, alte Protokolle hervorholen und ab in die Presse damit!

    Leute, jetzt reicht es wirklich, das ist schon längst nicht mehr nur ein bildungspolitisches Problem.

  4. Heute morgen lief mir ein fröhlich lachender Prof. Fouquet über den Weg.Ich schäme mich Student der CAU zu sein.

  5. @Hendrik: Die Studenten können ja nichts dafür, im Gegenteil, die Studenten halten doch zusammen!!!!

    Ich habe auch an der CAU studiert und lebe nun in Lübeck. Puh. Ist schon ein seltsames Gefühl… Na, wenigstens Herr Fouquet hat noch gute Laune. Unglaublich.

  6. Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf!

    Ich bin stolz Bürger der hellwachen Hansestadt Lübeck zu sein!

  7. Man sollte trotz aller Empörung über die Pressemitteilung der CAU, die völlig berechtigt ist, nicht alles glauben was man liest. Insbesondere in den Lübecker Nachrichten.
    Solange nicht irgendwo das originale Transkript o.ä. veröffentlicht wird und man somit nachprüfen kann, ob die Anschuldigungen stimmen, bin ich doch sehr skeptisch. Das Präsidium der CAU ist zwar borniert, aber in meiner Erfahrung ist insbesondere Herr Fouquet kein boshafter Mensch und solch ein “hinterhältiger” Plan passt so gar nicht zu ihm. Der LN-Artikel erwähnt ja Herrn Fouquet auch mit keinem Wort bei dem “Geheimtreffen”. Alles etwas eigenartig… insbesondere der Zeitpunkt.
    Insofern will ich da erstmal die Fakten sehen, den schleswig-holsteinischen Käseblättern glaub ich jedenfalls nichts – die haben sich bisher nicht durch qualitativ hochwertigen Journalismus hervorgetan. Für mich riecht das mehr nach Meinungsmache und Aufhetzen der Stimmung gegen die CAU, nachdem der Protest gegen die Landesregierung erstmal nichts gebracht hatte.

    Zum Glück haben wir Annette Schavan (das ich das als Exil-Schwabe mal über diese Frau sage *kopfschüttel*) und damit wahrscheinlich eine Rettung für Lübeck in der Tasche.

  8. Die Pressemitteilung der CAU ist insofern eine Unverschämtheit, weil sie die erste offizielle Äußerung zu den Sparplänen der Landesregierung darstellt, vorher hat man schön stillgehalten, waren ja nur die Anderen betroffen. Das Papier der Uni Lübeck (das ich auch nicht besonders gelungen finde, aber das tut nichts zur Sache) fordert ja lediglich, dass bereits 2008 getroffene Vereinbarungen, die eben auch Kiel betreffen, umgesetzt werden. Der Schrei der Empörung aus Kiel bezieht sich nur darauf, dass man selbst auch betroffen ist, und genau das impliziert natürlich, dass man mit dem, was mit Lübeck und Flensburg geplant ist, voll und ganz einverstanden ist.
    Dass die Studienbedingungen in Kiel unter den Sparplänen höchstwahrscheinlich leiden werden, ist den Herren anscheinend egal, hauptsache man kann die Excellenzcluster fördern. Und die 10000 Studienplätze die aufgebaut werden müssen, kann man ja noch irgendwo reinquetschen, sind die Hörsääle halt noch überfüllter als jetzt schon.
    Thema Käseblätter: Natürlich stehen die LN nicht gerade für hochklassige Berichterstattung, aber was die KN in den letzten Wochen (nicht) berichtet haben, grenzt an gezielte Desinformation.

  9. @Tobias an diese Dokumente zu kommen ist natürlich nahezu unmöglich. Wir haben natürlich Gespräche geführt, aber wie man es von Journalisten erwarten muss, werden sie diese Informationen nicht preisgeben. Wir würden es natürlich begrüßen wenn sich der Informant auch vertraulich an uns wendet, dies ist leider nicht geschehen.
    Da allerdings neben den LN auch der NDR die Informationen hatte kann man sich wohl darauf verlassen, dass etwas dran ist.

  10. @Tobias: hinterhältig und boshaft ist der Präsi der CAU vielleicht nicht, aber von Anstand in der ganzen Geschichte kann ja nun wahrlich auch keine Rede sein. Wo war seine Unterstützung und seine Solidariät, wo seine Gesprächsbereitschaft. Selbst wenn er nix direktes damit zu tun hat, sollte er seine Mannschaft wohl besser unter Kontrolle haben, wie können die sonst so einen Plan vorstellen ohne dass er es weiß? Ich an seiner Stelle würde mich erst mal nirgends blicken lassen und überlegen, ob ich als Präsi geeignet bin, denn Rückgrat ist was anderes.

  11. Die Lügen müssen endlich aufhören !!!

    Party Harry und de Jager Versager müssen zurücktreten!!!

    http://www.ln-online.de/artikel/2818454/Marnette%3A_Schlie%DFungspl%E4ne_stammten_von_der_Uni_Kiel.htm

  12. Mich erschüttert vielmehr die Anzahl von 300 Kieler Profs, die gegen Lübeck gestimmt haben…

    Ob PHC von dem Gespräch tatsächlich erst jetzt erfahren hat? Vielleicht gibt es da ja auch noch einen Zeugen aus der eigenen Partei, der Briefe schreibt. Ansonsten wird er es weiter abstreiten.

  13. Mich schockiert die Anzahl von 300 Kieler Profs, die Lübeck schließen wollten. Krass.

    Carsten wird wohl dementieren, solange sich nicht ein Zeuge (aus der eigenen Partei) findet, der bestätigt, dass er von dem Gespräch/Plan wusste.

  14. Werner Marnette ist doch aus der CDU und hat nun den Brief geschrieben…

  15. Marnette wird auch wissen, ob er den Ministerpräsidenten informiert hat. de jager wusste in jedem fall bescheid, der war ja dabei und muss gehen!

  16. Ich hatte Carstensen im Interview so verstanden, dass er quasi erst jetzt von der Aktion aus 2003 erfahren hat. Das muss ihm ja erstmal widerlegt werden, oder?

    Ja, de Jager kann sich da nicht rausreden, aber er scheint Rücktritts-resistent zu sein…

  17. Schon immer wieder interessant, dass der Name Schleifer auftaucht.
    Merkwürdig!
    Irgendwie verbindet man in S-H mit dem Namen selten was Gutes.

  18. Herr Foquet meldet sich mal wieder zu Wort:

    http://www.kn-online.de/top_news/161198-Nach-Luebeck-schlaegt-jetzt-die-Kieler-Uni-Alarm.html

  19. Herr Fouquet meldet sich zu Wort und disqualifiziert sich zum zweiten Mal in nur wenigen Tagen:

    [...] wissenschaftlich betrachtet könnte der Schaden für Kiel nun größer werden, als er in Lübeck abgewendet wurde. (Zitat aus obigem Link)

  20. Wenn man den Kielern etwas von den Bundesgeldern abgibt, wandere ich aus und mache es mir zur Lebensaufgabe, der ganzen Welt den Rest meines Lebens wieder und wieder unermüdlich zu erzählen, dass SH der Hintern vom Hintern vom Hintern der Welt ist und als akute Gefahrenzone für jegliche Hirnfunktionen unbedingt vermieden werden muss.

  21. @soisses ähm die Bundesgelder gehen ins Geomar und somit nach Kiel, denn das wird in die Helmholtz-Gesellschaft überführt.